Der Diemelnix - Diemelnix Arts - eigene Kompositionen, Geschichten und Puppen

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Der Diemelnix

Der Diemelnix ist uns zum ersten Mal begegnet, als wir im Begriff waren, ein Ferienhaus zu vermieten und dafür nach einem passenden Namen suchten. Es lag nahe, sich nach ortstypischen Dingen umzusehen. Da das Haus am Diemelsee zu finden ist, rückten dieser sowie der zugehörige kleine Fluss mit in den Fokus - außerdem wissen wir Nordhessen natürlich um unser grimmsches Erbe hier, mitten im Märchenland. Daher begaben wir uns letztendlich auf die Suche nach einem zauberhaften Wesen aus der Gegend um die Diemel und wurden fündig: Im Kapitel XVII "Wichte und Elbe" seines Werks "Deutsche Mythologie" beschreibt Jacob Grimm unter anderem die Wassergeister und unter ihnen dann in einem einzigen Satz einen, der sich von den anderen dadurch abhebt, dass ihm die anonsten wohl recht typische Grausamkeit der Wassergeister abzugehen scheint: den Diemelnix. Statt nämlich wie seine Kollegen blutige Menschenopfer zu seiner Besänftigung zu verlangen, wollte er nur Brot und Obst. Das hat uns sofort für ihn eingenommen und wir haben uns spontan so sehr in ihn verliebt, dass wir unser Ferienhaus nach ihm benannt haben. Damit aber nicht genug schlich er sich immer wieder in unsere Gedanken, erhielt schließlich seinen eigenen Unterschlupf bei uns und besucht uns seitdem oft und gerne, auch wenn er seinen Hauptwohnsitz eigentlich in Trendelburg hat. Aber welcher vernünftige Wassergeist würde den wunderschönen Stausee, den sein Fluss bei Heringhausen bildet, nicht wenigstens hin und wieder besuchen kommen? Schließlich muss er sich doch um alles kümmern! Und so hat er uns nach und nach seine Geschichten erzählt, die wir nun für ihn aufschreiben und weitergeben. Einen Vorgeschmack gibt es jetzt hier. Die Fortsetzung ist fortgeschritten und weiter in Arbeit, die Veröffentlichung folgt.
Für uns gehört Musik zu der folgenden Geschichte, um das Bild zu vervollständigen. Zum Prolog des Diemelnix hören Sie hier unsere Ouvertüre.
Prolog

Es war einmal ein kleines Wasserwesen, sein Name war Diemelnix und in alten Zeiten hatten die Menschen ihn für einen Wassergeist gehalten. Er war der Hüter der Diemel und der Beschützer aller Wesen im Wasser und am Ufer des kleinen Flusses. Lange Zeit waren die Menschen zufrieden mit ihm und seiner Arbeit gewesen, denn er war gewissenhaft und vorsichtig und so hatten sie ihm gerne etwas von ihrem Brot und ihrem Obst abgegeben.

Es war einmal... ja, denn es war schon lange her, dass die Menschen mit den Geistern so selbstverständlich lebten, wie mit ihren eigenen Familien und so war es auch lange her, dass ihm jemand etwas Obst gebracht hatte, um ihm eine Freude zu machen. Das vermisste er schmerzlich, waren seine Beine zwar bestens zum Schwimmen, vielleicht noch zum bedächtigen Watscheln, jedoch kaum zum längeren Laufen an Land und schon gar nicht zum Klettern geeignet. Hin und wieder fand er jetzt einen weggeworfenen Apfel oder eine Birne, die irgendwo in die Diemel gefallen war, aber das war nicht dasselbe. Brot stibitzte er sich manchmal mit schlechtem Gewissen von den Enten, die die Menschen jetzt lieber versorgten. Ihn, den Diemelnix, hatten sie vergessen und das tat ihm schon weh, denn er hatte sich immer so viel Mühe mit ihnen gegeben. Ihre Felder hatte er, wo er konnte, vor Überschwemmungen geschützt, unvorsichtige Haustiere und sogar Kinder vor dem Ertrinken bewahrt oder jungen Pärchen mit glitzernden Wassern und kunstvollem Plätschern eine romantische Stimmung geschaffen. Er war auch nie anmaßend oder aufbrausend gewesen, wie manche seiner Wassergeistkollegen, von denen er grausige Geschichten über Opfergaben oder mutwillig angezettelte Flutwellen gehört hatte. Der Diemelnix war da ganz anders. Er hatte eine ausgesprochen freundliche und fürsorgliche Natur und noch nie mit Absicht jemandem wehgetan. Und trotzdem hatten sie ihn vergessen. Er war so enttäuscht.
 
Ja, die Zeiten hatten sich schon sehr verändert, dachte der Diemelnix und seufzte ein bisschen. Er saß am Ufer seiner Diemel, ließ die Füße ins Wasser hängen und machte ein paar kleine Wellen mit seinen großen Zehen. Es war zuerst ganz allmählich geschehen, über einen Zeitraum von vielleicht 100 Jahren oder sogar mehr, dass die Menschen begannen an andere Geschichten als die alten zu glauben, an etwas, das sie „Wissenschaft“ nannten. Der Diemelnix verstand die Faszination der Menschen für dieses neue Wissen – er fand es selbst auch sehr spannend, wenn er davon hörte. Allerdings schien die Wissenschaft für die Menschen nach und nach heilig zu werden und schließlich wollten die meisten an nichts mehr glauben, das wissenschaftlich nicht zu beweisen war. Aber wie sollte es die Wissenschaft nur schaffen, alles Wissen auf dieser Welt in so kurzer Zeit wie ein paar hundert Jahren zu beweisen? Und wieso nur meinten die Menschen, auf alles andere Wissen verzichten zu müssen? Das verstand der Diemelnix nicht und es machte ihn traurig. Irgendwie hatten die Menschen dadurch auch verlernt, ihn zu sehen. Wenn er sich ihnen zeigte, konnten sie das Gesehene nicht deuten, schrien erschrocken auf, hielten ihn so manches Mal für einen „ekeligen großen Frosch“, was er als tief beleidigend für die Frösche empfand, oder warfen sogar mit Steinen nach ihm. Nach und nach hatte er daher aufgehört, Kontakt zu den Menschen zu suchen.
Nein, es waren keine guten Zeiten mehr für Geister wie ihn. Geister... das war auch so eine Sache... war er das wirklich? Ein Geist? Als er noch jung war, hatte er sich Geister eigentlich eher als unheimliche, bedrohliche Wesen vorgestellt, wie düstere Schatten oder unheilvolle Nebel, die Angst und Schrecken verbreiteten. Früher war er mehr als einmal in dunkler Nacht aufgewacht und hatte sich vor ihnen gefürchtet, allerdings doch nie einen persönlich getroffen. Daher war er sehr überrascht und auch ein bisschen verletzt gewesen, als er irgendwann im sogenannten Mittelalter zum ersten Mal hörte, wie ihn eine Frau ihren Kindern gegenüber als Geist bezeichnete. Er konnte es gar nicht recht glauben, aber die Menschen damals schienen sich einig zu sein – er war der Diemelnix, der Wassergeist der Diemel. Zu dieser Zeit hatte er beschlossen, wenn es nun einmal so war, wenigstens niemals einer von den Geistern zu werden, die Kinder erschreckten. Kinder mochte der Diemelnix nämlich sehr. Sie waren nicht so groß – genau wie er selbst – nur selten in Eile und immer zu einem Spiel aufgelegt. Ihnen hatte er sich damals noch gerne gezeigt und schon ganz wunderbare Stunden mit ihnen verbracht. Aber auch die Kinder hatten ihn inzwischen vergessen, da ihnen niemand mehr die alten Geschichten erzählte. Geister hatten einfach keinen Platz mehr in der heutigen Zeit.  

Geist... der Diemelnix sah an sich herunter. Es fühlte sich so falsch an. Er bestand ganz und gar nicht aus Rauch und war auch kein Trugbild wie andere Geister, von denen man ihm erzählt hatte, nein, man konnte ihn richtig anfassen und er war sehr lebendig. Er hatte ganz feste Knochen und auch schöne Muskeln vom vielen Schwimmen. Für sein Alter von mehreren hundert Jahren war er prima in Schuss. Seine in allen Farben des Wassers glänzende Schuppenhaut war faltenfrei glatt  und vor allem am Bauch samtig weich. Er hatte lange darüber nachgedacht, ob er wirklich zu den Geistern gehörte, hatte Geschichten gesammelt und ausgewertet, die ihm befreundete weitgereiste Vögel aus aller Welt erzählten und mittlerweile seine eigenen Schlüsse gezogen. In diese Geisterschublade war er wohl gerutscht, weil die Wesen, denen er sich zugehörig fühlte, schon sehr lange Zeit selten und scheu waren und man sie, ähnlich wie die Geister - kaum noch zu Gesicht bekam. Dummerweise hatte er daher bislang aber auch niemanden fragen können, ob er mit seiner Vermutung richtig lag. Es gab einfach kaum noch jemanden, der über solche Dinge bescheid wusste. Trotzdem war er sich fast sicher. Er war ein Wasserdrache.
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